Seit mehreren Jahren begleitet uns das Portal Lebensmittelwarnung in unserem täglichen Leben. Auf dieser Internetseite stellen Behörden der Bundesländer zusammen mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Warnungen und Informationen im Sinne des § 40 Absatz 1 und Absatz 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) zur Verfügung. Dies betrifft neben Lebensmittel auch kosmetische Produkte, Tätowiermittel und Bedarfsgegenstände. Sinn macht diese Information natürlich nur, wenn es die Produkte bereits ao auf den Markt gelangt sind, dass Endverbraucher diese bereits erworben haben könnten. In den Fachkreisen wird in diesem Falle auch von einem Produktrückruf, einem öffentlichen Rückruf oder von einem Recall gesprochen. Werden unsichere Produkte vom Markt genommen, die noch nicht bis zum Endverbraucher gelangt sind, wird von einer Rücknahme, einem stillen Rückruf oder von einem Withdrawal gesprochen.
- Letzteres habe ich immer falsch geschrieben (Whitedraw) und mich gewundert, warum mich keiner versteht - Letztlich entscheidet die überwachende Behörde des betroffenen Lebensmittelunternehmers, ob eine Veröffentlichung über die Seite lebensmittelwarnung.de notwendig ist. Insbesondere bei kleinen Unternehmen, beziehungsweise lokal begrenzten Verkaufsregionen reicht vielleicht auch eine Veröffentlichung in der Presse oder eben an der Ladentür.
Vor kurzem wurde durch das BVL die Statistik für 2022 veröffentlicht. Seit 2019 ist ein kontinuierlicher Anstieg der Rückrufe zu verzeichnen, von 2021 auf 2022 um 12 %. Es ist aus meiner Sicht aber eher unwahrscheinlich, dass dies mit einer unsicheren Produktion zu tun hat. Ich glaube, die Gründe sind eher in der größeren Akzeptanz der Seite bei Industrie und Behörde sowie einigen zeitlich begrenzten Vorfällen mit einer Vielzahl von einzelnen Rückrufen, wie beispielsweise Ethylenoxid 2021/2022 zu sehen. Nach wie vor einer der Hauptursachen ist die Kontamination mit pathogenen Mikroorganismen, hier besonders Listeria monocytogenes, Salmonellen sowie enterohämorrhagischer oder Verotoxin bildender Escherichia coli (EHEC/VTEC).
Liest man die Veröffentlichung des BVL, so sieht die Situation aber dramatisch aus. „So viel wie nie zuvor, so Dr. Georg Schreiber, Leiter der Abteilung Lebensmittelsicherheit des Bundesamts." Weiter heißt es dort; "Bei mehr als einem Drittel waren mikrobiologische Kontaminationen Grund der Warnung. Hauptursache waren dabei Salmonellen, und zwar 47-mal. Besonders für Kinder und ältere Menschen ist es gefährlich, sich mit diesen krankmachenden Bakterien zu infizieren." Genau diese Darstellung führt zu einer Verschlechterung des Rufs unserer Lebensmittel, auch wenn die Sicherheit in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen ist.
Um sichere Lebensmittel herzustellen, wird in Europa eine Risikoanalyse vor Beginn der Produktion erstellt, durch welche präventive Sicherungsmaßnahmen erkannt, identifiziert und minimiert werden können. Ein 100-%-sicheres Produkt kann es nicht geben. Für diese Risikoanalysen müssen Einflussmöglichkeiten (Agens) auf die Produkte berücksichtigt werden. Für Lebensmittel lassen sich diese in 3 Gruppen unterteilen: chemische, mikrobiologische und physikalische Faktoren. Da es nur drei Gruppen sind, ist es gar nicht so unlogisch, dass auch bei den Rücknahmen 1/3 aus dem mikrobiologischen Bereich kommen. Die Aussage "bei mehr als einem Drittel" liegt nicht so sehr an der extremen Häufung, sondern eher daran, dass nur drei Faktoren vorhanden sind. Ebenso ist die Aussage; "…besonders Kinder und ältere Menschen…" nicht verwunderlich. Insbesondere Personen mit einem geschwächten Immunsystem sind für chemische und mikrobiologische Verunreinigungen anfällig. Sie sind es aber auch, die öfter Erkältungskrankheiten bekommen. Also letztlich eine grundsätzliche Eigenschaft der entsprechenden Bevölkerungsgruppe. Dies ist wichtig, bei der Risikoanalyse, aber kein Argument, um Lebensmitte noch unsicherer darzustellen. Frei nach dem Film "Das Leben des Bryans" "Denkt denn auch mal jemand an die Kinder?"